Wann ist wieviel Elternhilfe sinnvoll?

Nachhilfe, Lerncoaching oder selbst mit dem Kind üben? Eine kleine Entscheidungshilfe

Niemals wurde so viel Geld für Nachhilfe ausgegeben wie in den letzten Jahren, Tendenz steigend. Laut dpa sind in Bayern die Umsätze von Nachhilfeinstitute in den vergangenen Jahren zwischen 10 und 20 Prozent gestiegen. Viele Eltern bezahlen schon in der Grundschule einen Nachhilfelehrer um auf jeden Fall den Sprung auf eine weiterführende Schule sicherzustellen – häufig, obwohl es gar nicht nötig wäre.  

In der Pubertät stehen dann andere Themen im Vordergrund – Schule hat da für viele Schüler nicht die Priorität, die es in manchen Fächern bräuchte. Und schnell ist der Anschluss verpasst – es geht nur noch ums Löcher stopfen während ständig neuer Stoff dazu kommt. 

Es gibt gute Gründe für Nachhilfe – ohne Frage!

Wenn Lücken entstanden sind, reicht “auf den Hosenboden setzen” oft nicht aus. Die schiere Stoffmenge, das Gefühl, es nicht alleine zu schaffen, nicht zu wissen, wo man anfangen soll ist alleine fast nicht zu bewältigen. Da ist es gut, wenn es jemanden gibt, der den Stoff strukturiert und Schritt für Schritt klärt, an welchen Stellen Übung oder tatsächlich Vorwissen fehlt. 

Viele Schulen bieten Intensivierungsstunden, Studienzeiten oder Lerntutorenprogramme für die verschiedenen Schulfächer an – man muss nur hingehen – bzw. länger in der Schule bleiben. Vielleicht ist aber gerade die Anbindung an die Schule ein Hinderungsgrund – weil der Lehrer in der Schule nun eben ein Teil des Systems ist,  in dem dein Kind ohnehin vor sich hinschmurgelt und am liebsten unsichtbar wäre. Da kann es ein echter Vorteil sein, dass ein externer Nachhilfelehrer mit dem eigentlichen Schulsetting, Notenkonferenzen und Bewerten nichts zu tun hat. 

Weshalb du als Mama oder Papa nicht selbst in die Rolle des Nachhilfelehrers schlüpfen solltest…

Wenn Eltern mit den Kindern lernen oder sich für die Hausaufgaben verantwortlich fühlen. Autsch für alle. Manchmal zumindest.

Wenn Eltern als Nachhilfelehrer, den Unterricht nach- oder vorbereiten, geht das selten gut. Ich selbst vermeide auch ein längeres Engagement als „Nachhilfemama“.  Versteh mich nicht falsch: Natürlich erkläre ich mal was, wenn meine Kinder eine Frage haben. Ich unterstütze auch mal bei einem Referat, wenn mein Kind mich darum bittet. Ich stelle Fragen und lasse mir etwas erklären. Aber ich setze mich nicht hin und frage Vokabeln ab, die noch nicht gelernt sind. Ich käue nicht den Stoff wieder, der eh im Heft steht oder bereite irgendeinen Unterrichtsinhalt nachträglich nochmal auf. Denn…

  • Wieso sollte jemand im Unterricht aufpassen, dort die richtigen Fragen stellen, wenn zu Hause jemand sitzt, der alles eh nochmal durchkaut?
  • Selbstverantwortung wird dein Kind nur lernen, wenn es auch selbst Verantwortung übernehmen darf /muss.
  • es geht selten gut und endet in Frustration auf beiden Seiten.

Sei Mama und Papa, nicht Nachhilfelehrer

Wenn du  sehr in das Lernen deines Kindes involviert bist, kommst du ganz schnell in eine Rolle hinein, in der du ständig anschiebst, tadelst, lobst, motivierst, wertest. Du steckst Zeit und Energie in das Lernen deines Kindes. Und dein Kind ist fühlt sich schlecht, wenn du enttäuscht bist; du strengst dich noch mehr an, ihr verbringt noch mehr Zeit mit dem leidigen Thema Schule.

Nachhilfe

Nachhilfe und Dauerunterstützung ist nicht immer das Gelbe vom Ei

Wenn dann noch Lernblockaden entstehen und das Kind sich (vermeintlich) nicht anstrengt, leidet die Eltern-Kind-Beziehung meist enorm. Weinen, schreien, Türen schlagen, das ganze Programm. Die Erfahrung nur wenig ausrichten zu können, ist für Eltern schwer auszuhalten. Und doch führt daran kein Weg vorbei. Selbstverantwortung lässt sich nun mal nicht an der kurze Leine lernen.

Wann Unterstützung eher schadet

Wenn dauerhaft Unterstützung von außen in Anspruch genommen wird, lernt dein Kind, dass es – offenbar – aus eigener Kraft die Lernanforderungen nicht bewältigen kann. Martin Seligman hat das Phänomen der erlernten Hilflosigkeit ausgiebig untersucht (die gute Nachricht ist, wenn Hilflosigkeit erlernt werden kann, kann sie auch wieder VERlernt werden).
Natürlich ist es nicht falsch, wenn du dein Kind unterstützt. Sei nur sensibel für den Moment, wenn dich das Lernen mit deinem Kind auf 180 bringt.  Niemand verlangt von dir, der besserer Lehrer zu sein. Du wirst ja nicht mal dafür bezahlt! Hilfe von Außen die bessere Lösung, wenn Schule das Familienleben negativ bestimmt – mit einem dicken “ABER…”

Welche Alternativen es noch gibt

Erklärvideos auf Youtube

Lernplattformen im Internet

Tipp: Je nach Alter deines Kindes solltest du selbst im Internet nach weiteren konkreten Erklärseiten oder Lernplattformen suchen. Das geht mit Sicherheit schneller und lenkt dein Kind weniger ab.

Wann Nachhilfe sinnvoll ist

Nachhilfe soll dabei helfen bestehende Lücken zu schließen, damit dein Kind den Anschluss an den Schulstoff wieder erlangt. In der Nachhilfe soll gezielt geübt werden, damit dein Kind inhaltlich Sicherheit – z.B. für eine Prüfung gewinnt. In der Nachhilfe geht es um Wiederholung, das Schließen von Verständnislücken und Die Gewissheit, eine Situation selbst kontrollieren zu können – also selbstwirksam zu sein – ist essentiell für die Motivation.  Ziel muss es aber sein, schnell wieder ohne Nachhilfe zurecht zu kommen. 

Wenn selbst exzessives Üben nichts hilft, liegen die Ursachen für den fehlenden Lernerfolg möglicherweise woanders. Prüfungsangst, Lernblockaden, negative Glaubenssätze “Ich kann das nicht!” und Aufschieberitis sind nicht mit klassischer Nachhilfe beizukommen.

Was ist anders bei einem Lerncoach?

Ein Lerncoach arbeitet fächerunabhängig. Es geht mehr um Lernstrategien und Lernplanung. Ein Lerncoach unterstützt dabei, dass sich die Handbremse im Kopf löst und wieder leichter und mit mehr Motivation gelernt werden kann. Je nachdem, wo das Problem liegt, kommen hier ganz unterschiedliche Methoden zum Einsatz. Egal Lernperspektive zu entwickeln, Selbstsabotage zu erkennen, Zweifeln in Selbstvertrauen und Zuversicht umzuwandeln und – das ist mir ganz wichtig – schon nach kurzer Zeit die weiteren Schritte alleine zu gehen.

Fragen, die du stellen solltest

  1. Nach welchen Methoden wird gearbeitet?
  2. Welchen Background hat der Lerncoach (Ausbildungsinstitut, Expertise)
  3. Wie ist die Struktur des Lerncoachingprozesses?
  4. Wann erfolgt ein Rückkopplungsgespräch?
  5. Nach welchem Modus wird abgerechnet? (Abo, Pauschalpaket, Pro Stunde)

Wann eine Kombination aus Nachhilfe und Coach sinnvoll ist

Wenn zum Beispiel eine Nachprüfung ansteht, für die einerseits Lücken geschlossen werden sollen, aber gleichzeitig auch Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen und mentale Power für den Prüfungstag gefragt sind, ist eine Kombination aus gezielter Nachhilfe und die Arbeit mit einem Lerncoach optimal.

Lernfexige Grüße!

Nicole.

 

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